Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern
👔 Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern
Kanzlei-Wiki • Stand: Oktober 2025
Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung von Gesellschafter-Geschäftsführern (GGF) ist seit Jahren Gegenstand zahlreicher BSG- und BAG-Entscheidungen. Maßgeblich ist, ob eine abhängige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt.
Die Abgrenzung erfolgt stets nach den tatsächlichen Verhältnissen, nicht allein nach Vertragstexten.
§ 1 SGB VI
BSG 13.07.2023 – B 12 R 11/21 R
BAG 21.12.2022 – 5 AZR 108/22
Zuständig für verbindliche Feststellungen ist die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (§ 7a SGB IV).
- Beteiligungshöhe – Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse und Weisungsfreiheit
- Stimmrechte – Sperrminorität oder Gesamtvertretung entscheidend
- Tätigkeit im eigenen Unternehmen – unternehmerisches Risiko, Kapitalbeteiligung
- Vertragliche Bindung – feste Arbeitszeit, Urlaub, Entgeltfortzahlung → Indiz für Beschäftigung
- Faktische Weisungsgebundenheit – auch bei formaler Freiheit möglich
Die Gesamtabwägung entscheidet: Nur wenn der GGF aufgrund seiner Beteiligung oder Stellung maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH hat, gilt er als selbstständig.
| Konstellation | Status | Begründung / Urteil |
|---|---|---|
| Allein-Gesellschafter-GF | selbstständig | volle Einflussmöglichkeit, BSG 08.12.2021 – B 12 KR 37/19 R |
| GGF mit 50 % Beteiligung (paritätisch) | selbstständig | kann Beschlüsse blockieren; Weisungsfreiheit |
| Minderheits-GGF ohne Sperrminorität | versicherungspflichtig | BSG 19.09.2019 – B 12 R 25/18 R |
| Familien-GGF (z. B. Ehegatte, Kind) | abhängig vom Einfluss | BSG 11.11.2021 – B 12 KR 9/20 R: keine automatische Gleichbehandlung |
| Fremd-GF ohne Beteiligung | versicherungspflichtig | kein gesellschaftsrechtlicher Einfluss, BAG 21.12.2022 – 5 AZR 108/22 |
| „Strohmann-GF“ – faktisch gesteuert | versicherungspflichtig | BSG 31.03.2022 – B 12 R 5/20 R |
Entscheidend ist nicht die Bezeichnung im Vertrag, sondern die tatsächliche Einflussmöglichkeit im Betrieb.
- BSG 13.07.2023 – B 12 R 11/21 R: Keine Selbstständigkeit bei fehlender Sperrminorität – auch wenn faktisch Leitungstätigkeit vorliegt.
- BAG 21.12.2022 – 5 AZR 108/22: Arbeitsrechtlich und sozialversicherungsrechtlich kann der Status auseinanderfallen.
- BSG 08.12.2021 – B 12 KR 37/19 R: 50 %-GGF grundsätzlich selbstständig – bei faktischer Parität.
- BSG 19.09.2019 – B 12 R 25/18 R: Minderheits-GGF trotz Mitspracherecht sozialversicherungspflichtig.
- BSG 11.11.2021 – B 12 KR 9/20 R: Familienbeteiligung führt nicht automatisch zur Selbstständigkeit.
Tendenz der Rechtsprechung: Strengere Beurteilung zugunsten der Versicherungspflicht bei fehlender Sperrminorität.
- 📑 Gesellschaftsvertrag prüfen: Beteiligungsquote, Stimmrechte, Sperrminoritäten.
- 📋 GF-Vertrag prüfen: Arbeitszeit, Entgeltfortzahlung, Urlaubsregelung.
- 🏛️ Tatsächliche Einflussmöglichkeiten dokumentieren.
- 📬 Bei Unsicherheit: Statusfeststellungsverfahren (§ 7a SGB IV) beantragen.
- 🧾 Bei Änderungen (Gesellschafterwechsel, Kapitalerhöhung) erneut prüfen.
| Bereich | Empfehlung | Hinweis |
|---|---|---|
| Gesellschafteranteil < 50 % | Status prüfen | ggf. versicherungspflichtig |
| Sperrminorität | entscheidend | verhindert abhängige Beschäftigung |
| Familien-GGF | Einzelfall | nicht automatisch selbstständig |
| Kriterium | Ergebnis |
|---|---|
| Beteiligung ≥ 50 % / Sperrminorität | selbstständig |
| Minderheits-GGF ohne Sperrminorität | versicherungspflichtig |
| Familiengesellschaft | abhängig vom Einfluss |
| Fremd-GF | versicherungspflichtig |
| Statusfeststellung | Empfohlen bei jeder Neugründung / Änderung |
Kernbotschaft: Entscheidend ist die tatsächliche Einflussmöglichkeit, nicht die Bezeichnung im Vertrag.
