Mandanten-Wiki: Steuerliche Nebenleistungen einfach erklärt
Kurz erklärt

Was sind steuerliche Nebenleistungen?

Steuerliche Nebenleistungen sind Zahlungen, die zusätzlich zur eigentlichen Steuer anfallen können. Ziel ist oft, rechtzeitige Abgabe von Erklärungen, pünktige Zahlungen und Mitwirkung im Verfahren sicherzustellen.

  • Sie fallen an, wenn Fristen nicht eingehalten, Steuern nicht gezahlt oder Mitwirkungspflichten verletzt werden.
  • Sie sind keine „Strafe“ im strafrechtlichen Sinn, können aber finanziell deutlich weh tun.
  • Viele Nebenleistungen lassen sich durch gute Organisation und frühzeitigen Kontakt mit uns vermeiden.
Wichtig: Steuerliche Nebenleistungen sind in der Regel nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig.
Risiko im Blick

Warum das Thema so wichtig geworden ist

Durch Digitalisierung, strengere Fristen und automatisierte Abläufe fällt die Finanzverwaltung steuerliche Nebenleistungen heute deutlich konsequenter an als früher.

  • Verspätungszuschläge werden bei verspäteter Abgabe zunehmend automatisch festgesetzt.
  • Säumniszuschläge entstehen bei verspäteter Zahlung – oft ohne Ermessensspielraum.
  • Schätzungen und Verzögerungsgelder nach § 162 AO haben an Bedeutung gewonnen, insbesondere bei digitalen Daten.
Ignorierte Schreiben des Finanzamts, fehlende Unterlagen oder nicht beantwortete Rückfragen können schnell zu Zusatzzahlungen im vierstelligen Bereich führen.

📊 Die wichtigsten steuerlichen Nebenleistungen im Überblick

Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Nebenleistungen, die in der Praxis immer wieder vorkommen.

Nebenleistung Worum geht es? Typische Auslöser Praxis-Hinweis
Verspätungszuschlag
§ 152 AO
Zuschlag, wenn Steuererklärungen nicht fristgerecht abgegeben werden. Einkommensteuer-, Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- oder Gewerbesteuererklärung wird deutlich verspätet abgegeben. Automatisierungsrisiko
Häufig automatisiert festgesetzt. Eine Reduzierung ist nur mit guter Begründung und im Einzelfall möglich.
Säumniszuschlag
§ 240 AO
Zuschlag für verspätete Zahlung fälliger Steuern. Steuerbescheid wird nicht rechtzeitig bezahlt, abgeschlossene Ratenzahlung wird nicht eingehalten. Lastschrift empfehlenswert
Am besten SEPA-Lastschrift einrichten – dann werden Steuern automatisch eingezogen.
Nachzahlungs-/Erstattungszinsen
§§ 233a, 238 AO
Zinsen auf Steuernachforderungen oder -erstattungen für zurückliegende Jahre. Größere Abweichungen zwischen Vorauszahlungen und tatsächlicher Jahressteuer, späte Veranlagung. Zinsrisiko im Blick
Durch vorausschauende Vorauszahlungen und rechtzeitige Erklärungen steuerbar.
Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
§ 162 Abs. 1–3 AO
Finanzamt setzt Einnahmen/Gewinne geschätzt fest, wenn Unterlagen fehlen oder unplausibel sind. Fehlende Buchführung, formell nicht ordnungsgemäße Kassenführung, nicht beantwortete Rückfragen. Oft sehr teuer
Schätzungen fallen in der Regel nicht „zugunsten“ des Steuerpflichtigen aus.
Verzögerungsgeld
§ 146 Abs. 2b i.V.m. § 162 Abs. 4 AO
Geldbetrag für nicht oder verspätet vorgelegte Unterlagen / Daten. Anforderung von Aufzeichnungen, digitalen Daten oder Dokumentationen wird ignoriert oder verschleppt. Spannweite 2.500–250.000 €
Schon die Untergrenze kann spürbar sein – bitte Fristen ernst nehmen.
Zwangsgeld / Zwangshaft
§§ 328 ff. AO
Durchsetzung von Mitwirkungspflichten, z. B. Abgabe von Erklärungen oder Herausgabe von Unterlagen. Hartnäckige Weigerung, Pflichten zu erfüllen, trotz mehrfacher Aufforderung. Eskalationsstufe
Tritt meist erst auf, wenn vorherige Aufforderungen ignoriert wurden.
Vollstreckungskosten
§§ 249 ff. AO
Gebühren und Auslagen im Rahmen der Beitreibung (z. B. Pfändung). Längere Nichtzahlung, Inkasso durch Vollstreckungsstelle, Kontopfändungen. Vermeidbar
Frühzeitig mit uns sprechen – oft sind Ratenzahlungen oder Stundungen möglich.

📑 Schätzung & Verzögerungsgeld nach § 162 AO (Absätze 3 und 4)

§ 162 AO regelt, wann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen darf. Besonders praxisrelevant sind heute die Absätze 3 und 4 – sie betreffen Mitwirkungspflichten und digitale Daten.

§ 162 Abs. 3 AO

Schätzung bei fehlender Mitwirkung

Wenn gesetzliche Aufzeichnungs- oder Mitwirkungspflichten nicht erfüllt werden, darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen. In der Praxis heißt das:

  • • unvollständige oder fehlende Buchführung
  • • mangelhafte oder manipulationsanfällige Kassenführung
  • • angeforderte Unterlagen werden nicht oder nur teilweise vorgelegt
  • • elektronische Daten (z. B. Kassen- oder Buchführungsdaten) stehen nicht zur Verfügung
Schätzungen fallen in der Regel nicht „zugunsten“ des Steuerpflichtigen aus. Häufig werden Umsatz und Gewinn eher nach oben angesetzt.
Beispiel: In einer Gastronomie können fehlende Kassendaten zu pauschalen Umsatz- und Gewinnzuschlägen führen – zusätzlich zur eigentlichen Steuernachzahlung.
§ 162 Abs. 4 AO / Verzögerungsgeld

Verzögerungsgeld bei verweigerter Mitwirkung

Zusätzlich zur Schätzung kann ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige seine Pflichten zur Vorlage von Unterlagen oder Daten nicht erfüllt.

Rahmen: mindestens 2.500 € bis maximal 250.000 €.

  • • Aufforderung zur Vorlage von Buchführungs- oder Kassen-Rohdaten wird ignoriert
  • • digitale Unterlagen werden bewusst zurückgehalten
  • • Verrechnungspreis-Dokumentation wird trotz Fristsetzung nicht vorgelegt
  • • mehrfache Fristverlängerungen, aber keine Lieferung von Unterlagen
Das Verzögerungsgeld kommt zusätzlich zur Steuer, zu Zinsen und zu etwaigen Zuschlägen hinzu. Es ist ausdrücklich als „Druckmittel“ gedacht.
Unser Tipp: Bitte leiten Sie Aufforderungsschreiben zur Unterlagenvorlage (insbesondere bei Betriebsprüfungen) immer sofort an uns weiter. So können wir Fristen wahren und unnötige Eskalationen vermeiden.

💡 Wichtige Merksätze für Mandanten

  • Verspätungszuschläge entstehen, wenn Erklärungen verspätet abgegeben werden – hier können wir oft prüfen, ob Spielraum besteht.
  • Säumniszuschläge entstehen automatisch bei verspäteter Zahlung – hier hilft eine rechtzeitige Lastschrift oder Ratenvereinbarung.
  • Zinsen fallen bei Nachzahlungen und Erstattungen für zurückliegende Jahre an – je früher die Erklärung, desto besser steuerbar.
  • Schätzungen können zu deutlich höheren Steuerbeträgen führen als bei ordnungsgemäßer Mitwirkung.
  • Verzögerungsgelder sind vermeidbar, wenn Unterlagen fristgerecht eingereicht werden.
  • Vollstreckungskosten und Pfändungen sind meist die letzte Stufe – so weit muss es nicht kommen.
  • Je früher Sie uns einbinden, desto größer sind die Chancen, Nebenleistungen zu verhindern oder zu reduzieren.

🛡️ Wie Sie steuerliche Nebenleistungen vermeiden können

Mit ein paar einfachen Grundregeln lassen sich die meisten Nebenleistungen vermeiden oder zumindest deutlich verringern.

Organisation & Fristen

  • Steuerunterlagen rechtzeitig an die Kanzlei übergeben – idealerweise nicht „auf den letzten Drücker“.
  • Fristverlängerungsanträge laufen über uns – bitte kurzfristig Rücksprache halten.
  • SEPA-Lastschrift für wichtige Steuerarten einrichten, um Säumniszuschläge zu vermeiden.
  • Ratenzahlung oder Stundung frühzeitig ansprechen, statt Bescheide „einfach liegen zu lassen“.

Unterlagen & digitale Daten

  • Kassen- und Buchführungsdaten 10 Jahre vollständig und elektronisch verfügbar halten.
  • Post vom Finanzamt, insbesondere Betriebsprüfungsankündigungen und Aufforderungsschreiben, sofort weiterleiten.
  • Bei Auslandsbezug (Wohnsitz, Arbeit, Kapitalanlagen, Immobilien) frühzeitig informieren – hier entstehen schnell komplexe Sachverhalte.
  • Bei technischen Problemen (Kasse, Software) nicht warten, sondern mit uns Rücksprache halten.

🧮 Mini-Rechner: Säumniszuschlag (vereinfachte Orientierung)

Mit diesem Mini-Rechner können Sie überschlägig berechnen, wie hoch der Säumniszuschlag bei verspäteter Zahlung einer Steuer ausfallen kann. Grundlage ist die aktuelle Rechtslage: 1 % pro angefangenem Monat auf die auf volle 50 € abgerundete Steuerschuld.

Eingaben

Betrag der festgesetzten, aber (zunächst) nicht gezahlten Steuer, z. B. 1.000 €.
Anzahl der angefangenen Monate der Säumnis. Bruchteile werden aufgerundet (z. B. 1,2 Monate → 2 Monate).

Ergebnis

Bitte geben Sie oben einen Betrag und den Verzögerungszeitraum in Monaten ein und klicken Sie auf „Säumniszuschlag berechnen“.
Hinweis: Die Berechnung erfolgt vereinfacht nach der Grundregel: 1 % pro angefangenen Monat auf die auf volle 50 € abgerundete Steuerschuld. Die tatsächliche Festsetzung erfolgt durch das Finanzamt.
Formel (vereinfacht): Säumniszuschlag = 1 % × (auf volle 50 € abgerundete Steuerschuld) × Anzahl angefangener Monate.

📈 Mini-Rechner: Zinsen nach § 233a AO (vereinfacht)

Mit diesem Mini-Rechner können Sie überschlägig die Höhe der Zinsen nach § 233a AO berechnen. Die Zinsen werden pro vollendetem Monat berechnet. Der monatliche Zinssatz kann angepasst werden (z. B. 0,15 % pro Monat).

Eingaben

Betrag der voraussichtlichen oder festgesetzten Steuernachzahlung, z. B. 5.000 €.
Anzahl der vollendeten Monate im Zinszeitraum. Bruchteile von Monaten bleiben unberücksichtigt.
Monatlicher Zinssatz nach § 233a AO (z. B. 0,15 % pro Monat = 1,8 % p. a.).

Ergebnis

Bitte geben Sie oben Nachzahlungsbetrag, Zeitraum (in vollen Monaten) und Zinssatz pro Monat ein und klicken Sie auf „Zinsen berechnen“.
Hinweis: Dieser Rechner arbeitet vereinfacht mit einem konstanten monatlichen Zinssatz. Die tatsächliche Zinsberechnung des Finanzamts richtet sich ausschließlich nach der gesetzlichen Regelung und den konkreten Bescheiden.
Formel (vereinfacht): Zinsen = Nachzahlung × (Zinssatz pro Monat / 100) × Anzahl vollendeter Monate.

📬 Wann sollten Sie sich sofort bei uns melden?

Bitte melden Sie sich möglichst zeitnah bei uns, wenn Sie eines der folgenden Schreiben vom Finanzamt erhalten:

  • 📌Mahnung, Androhung von Säumnis- oder Verspätungszuschlägen
  • 📌Zinsbescheid oder geänderter Steuerbescheid mit Nachzahlung
  • 📌Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen, digitalen Daten oder Verrechnungspreis-Dokumentationen
  • 📌Ankündigung einer Außenprüfung oder Nachschau (z. B. Umsatzsteuer-Nachschau)
  • 📌Schreiben der Vollstreckungsstelle (z. B. Pfändungsankündigung)
  • 📌Androhung oder Festsetzung eines Verzögerungsgeldes oder Zwangsgeldes
Unser Service für Sie: Wir prüfen Ihre Bescheide, Schreiben und Nebenleistungen, erläutern Ihnen die Hintergründe und besprechen mit Ihnen die nächsten Schritte – von Einspruch und Änderungsanträgen bis hin zu Ratenzahlungen oder Stundungsanträgen.
📄 Kontakt aufnehmen

Hinweis: Diese Mandanten-Information ersetzt keine individuelle Beratung. Sie soll einen ersten Überblick über steuerliche Nebenleistungen geben und sensibilisieren. Für Ihren konkreten Einzelfall sprechen Sie uns bitte an.