📖 Höferolle in der Land- und Forstwirtschaft

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Ein Überblick über Bedeutung, rechtliche Grundlagen und erbrechtliche Besonderheiten.

Definition
Die Höferolle ist ein von den Landwirtschaftsgerichten geführtes Verzeichnis, in dem land- und forstwirtschaftliche Betriebe eingetragen werden, die als Anerkannte Höfe im Sinne der Höfeordnung (HöfeO) gelten. Sie dokumentiert den besonderen Rechtsstatus solcher Betriebe.
Zweck
Ziel der Höferolle ist es, die Unteilbarkeit des Hofes bei der Erbfolge zu sichern. Statt einer Aufteilung des Betriebes unter mehrere Erben erfolgt die Übertragung an eine einzelne Person – die Hoferbin oder den Hoferben. So bleibt die wirtschaftliche Einheit des Hofes erhalten.
Rechtliche Grundlage
Die Eintragung in die Höferolle ist in der Höfeordnung (HöfeO) geregelt. Zuständig sind die Landwirtschaftsgerichte, die über Anerkennung, Änderungen und Löschungen entscheiden.
Praktische Bedeutung
Die Höferolle stellt sicher, dass ein Hof wirtschaftlich tragfähig bleibt. Sie schützt vor einer Zerschlagung durch Erbteilung und sorgt für eine klare Nachfolge. Für die Landwirtschaft bedeutet dies Planungssicherheit und Kontinuität über Generationen hinweg.
Erbrechtliche Besonderheiten

Die Eintragung in der Höferolle wirkt sich stark auf das Erbrecht aus:

  • Anerbensitte: Der Hof geht grundsätzlich an einen einzigen Hoferben über.
  • Pflichtteilsrecht: Andere Erben haben nur Anspruch auf eine Abfindung, die sich am Ertragswert (Hofeswert) orientiert – oft deutlich niedriger als der Verkehrswert.
  • Bewertung: Für Zwecke der Erbschaftsteuer wird der Hof nach dem Bewertungsgesetz (BewG) bewertet (§§ 158 ff. BewG).
  • Steuerliche Begünstigungen: § 13a/13b ErbStG: 85 % Verschonung (Option: 100 %) + gleitender Abzugsbetrag bis 150.000 €.
  • Behaltensfristen: Fortführung 5 Jahre (Optionsverschonung: 7 Jahre).
  • Fallstricke: Verkauf/Umnutzung, nicht-LuF-Überlassung, Überentnahmen > 150.000 € ⇒ Liquidationswert + (teilweiser) Wegfall der Begünstigung.
ℹ️ Beispiel: Ein 150-ha-Betrieb mit 1,2 Mio. € Steuerwert kann durch 85 %-Abschlag + Abzugsbetrag oft nahezu steuerfrei übertragen werden – schädliche Verwendung innerhalb der Fristen führt zur Nachversteuerung.
⚖️ Merke: Die Höfeordnung schützt die Betriebsfortführung – weichende Erben erhalten Abfindungen am Hofeswert, nicht am Verkehrswert.
Steuerliche Besonderheiten (EStG)

Bei Hofübergaben und erbrechtlichen Regelungen spielen die Vorschriften des Einkommensteuerrechts eine zentrale Rolle:

  • Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG): Abgrenzung zu Gewerbebetrieb; umfasst auch Nebenbetriebe, Sondernutzungen und Teilbetriebe. Wichtig: 100-km-Grenze bei Flächenverlagerung.
  • Forst als Teilbetrieb: Forstflächen gelten als eigener Teilbetrieb. Sie können im Rahmen von Hofübergaben steuerneutral übertragen oder zurückbehalten werden, ohne stille Reserven aufzudecken.
  • Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG): Für kleinere Betriebe möglich; Übergang oder Aufgabe kann Sonderfolgen auslösen.
  • § 13 Abs. 5 EStG: Steuerfreie Entnahmen für Wohngebäude (Betriebsleiterwohnung, Altenteilerhaus). Relevanz bei Übergabe mit Wohnrecht.
  • Versorgungsleistungen (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG): Altenteilsleistungen an Übergeber sind beim Erwerber als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie auf echten LuF-Betrieb bezogen sind.
  • Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG): Können bei Entnahmen, Schenkungen oder teilentgeltlichen Übertragungen greifen – wichtig bei Pflichtteilsregelungen.
  • Tarifermäßigung (§ 32c EStG): Entlastung bei stark schwankenden Gewinnen, insbesondere bei Übergabe oder Betriebsaufgabe.
💡 Hinweis: Einkommensteuerlich gelten oft Sonderregeln für Höfe. Altenteilsleistungen, Wohnrechte und die Behandlung von Forstflächen sind typische Stolperfallen – hier lohnt sich eine sorgfältige Gestaltung im Übergabevertrag.
Checkliste Hofübergabe
  • Höferolle prüfen: Ist der Betrieb eingetragen und anerkannt? Grundlage für Sondererbfolge.
  • Hoferbe festlegen: Testament, Erbvertrag oder Übergabevertrag?
  • ⚠️

    Pflichtteilsansprüche: Abfindung bemisst sich am Hofeswert, nicht am Verkehrswert. Weichende Erben einbeziehen.
  • Altenteilsleistungen (§ 10 EStG): Versorgung des Übergebers steuerlich abziehbar, wenn echter LuF-Betrieb.
  • Wohnrecht (§ 13 Abs. 5 EStG): Steuerfreie Entnahme für Altenteiler-/Betriebsleiterwohnung möglich.
  • ⚠️

    Forstflächen: Eigener Teilbetrieb – steuerliche Sonderbehandlung beachten.
  • Steuerliche Begünstigungen (§ 13a/b ErbStG): 85 % bzw. 100 % Verschonung + Abzugsbetrag bis 150.000 €.
  • ⚠️

    Behaltensfristen: 5/7 Jahre einhalten. Verkauf/Umnutzung kann Nachbewertung (§ 166 BewG) auslösen.
  • Gewinnermittlung (§ 13a EStG): Prüfen, ob Durchschnittssatz oder Regelgewinnermittlung günstiger ist.
  • ⚠️

    Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG): Bei Entnahmen oder teilentgeltlichen Übertragungen droht Steuerpflicht.
💡 Praxistipp: Hofübergabe immer interdisziplinär planen – erbrechtlich, einkommensteuerlich und erbschaftsteuerlich. Frühzeitige Vertragsgestaltung vermeidet Streit und Steuernachteile.

🧭 Schema & Timeline: Hofübertragung (Höferolle)

Schnellüberblick: Hofstatus → Bewertung → Verschonung → Erbrecht → Fristen → Fallstricke

1) Hofstatus (HöfeO)

Eintragung als anerkannter Hof in die Höferolle (Landwirtschaftsgericht). Grundlage für Sondererbfolge (Anerbensitte).

HöfeOHöferolle

2) Bewertung (BewG)

Wirtschaftsteil (§§ 162–166 BewG), Wohnteil/Betriebswohnung (§ 167 BewG) separat.

GrundbesitzwertReingewinn/Mindestwert

3) Erb-/Schenkungsteuer

§§ 13a/13b ErbStG: 85 % Verschonung bzw. 100 % Option + gleitender Abzugsbetrag bis 150.000 €.

§ 13a/13b ErbStGBegünstigt

4) Erbrecht

Hoferbin/Hoferbe festlegen. Abfindungen der übrigen Erben am Hofeswert (Pflichtteil abgeschwächt).

AnerbensittePflichtteil

5) Behaltensfristen

Fortführung 5 Jahre (Option: 7 Jahre), Lohnsummenregel meist irrelevant (≤ 5 MA).

§ 13a Abs. 3/6 ErbStG

6) Fallstricke

Verkauf/Umnutzung, Überlassung zu nicht-LuF-Zwecken, Überentnahmen > 150.000 €Liquidationswert (§ 166 BewG) + (teilweiser) Wegfall der Begünstigung.

Nachbewertung§§ 162/166 BewG

Hofstatus prüfen

Höferolle & Anerkennung

Landwirtschaftsgericht

Bewertung

Wirtschaftsteil (BewG), Wohnteil separat

Reingewinn/Mindestwert

Verschonung wählen

85 % / 100 % (Option)

+ Abzugsbetrag bis 150 k

Erbrecht regeln

Hoferbe festlegen, Abfindungen

Hofeswert ≠ Verkehrswert

Fristen einhalten

5/7 Jahre, keine schädliche Nutzung

Reinvest-Fenster 6 Monate

Mini-Beispiel (vereinfacht)
Wirtschaftsteil Steuerwert: 1.100.000 € – Wohnteil 100.000 € (nicht begünstigt).

  • Verschonung 85 % ⇒ 935.000 €
  • Gleitender Abzugsbetrag bis 150.000 €
  • Ergebnis: regelmäßig ~0 € steuerpflichtig (ohne schädliche Verwendung)
Schädliche Veräußerung/Umnutzung innerhalb der Frist ⇒ Liquidationswert + (teilweiser) Wegfall der Begünstigung.
85 % / 100 % Verschonung
150.000 € Abzugsbetrag
5/7 Jahre Behaltensfrist
6 Monate Reinvest

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